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Tschüss Pille! – Warum ich nach 10 Jahren die Pille abgesetzt habe

Ich glaube ich war ungefähr 15 oder 16, da wurde mir die Pille vom Frauenarzt verschrieben. Nicht zur Verhütung – sondern weil ich mit sehr schlechter Haut, mit Pickeln und Unreinheiten zu kämpfen hatte und sich damit alles wieder einpendeln sollte. Und guess what? Es hat hervorragend funktioniert. Über 10 Jahre hatte ich wirklich gute Haut, natürlich gab es hin und wieder Ups and Downs wie stressbedingte Hautunreinheiten etc. Aber im Großen und Ganzen kann ich mich rückblickend nicht beschweren. Nach über 10 Jahren habe ich mich dazu entschieden, die Pille abzusetzen. Ein Spoiler vorweg: man kann die Pille auch absetzen, ohne den Wunsch, schwanger zu werden und ein Kind zu bekommen. Ich möchte euch in diesem Beitrag von meinen Erfahrungen berichten – wie es mir mit der Pille in den letzten Jahren ging und warum ich mich letztendlich dazu entschlossen habe, sie nicht mehr zu nehmen.

#mypillstory

Das Thema Antibabypille ist in den sozialen Medien seit einiger Zeit sehr präsent. Unter dem Hashtag #mypillstory findet man auf Instagram Geschichten von Frauen, die über die Pille berichten, die ihre Erfahrungen teilen und mehr Aufmerksamkeit für dieses Thema schaffen. Und natürlich gibt es sehr viele unterschiedliche Erfahrungen, positive ebenso wie negative. Was ich daran so wichtig finde: dass überhaupt darüber gesprochen wird, dass es keine Selbstverständlichkeit mehr ist, dass Frau die Pille nimmt – weil man das halt so macht.

Warum habe ich die Pille abgesetzt?

Auf diese Frage gibt es keine ganz klare, „aus diesem Grund“ Antwort. Es waren mehrere Gründe, die am Ende irgendwie zusammenhingen und weniger mit den typischen Nebenwirkungen der Pille zutun hatten. Wenn man anfängt, sich mit dem großen, vielschichtigen Thema Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen, ist das irgendwann wie eine Lawine an Aspekten, die aufkommen und Fragen aufwerfen. Man beschäftigt sich mit den unterschiedlichsten Punkten – und kommt letztendlich auch bei diesem Thema an. Schließlich ist die Pille ein Medikament, was man täglich zu sich nimmt und mit dem man sich gut auseinandersetzen sollte. Ich habe mich sehr lange nicht damit beschäftigt, hab das Thema vor mir her geschoben und die Gedanken dazu verdrängt.
Irgendwann kam ich daran jedoch nicht mehr vorbei, von allen Seiten wurde ich auf das Thema Pille gestoßen – und das, wovor ich tatsächlich ein bisschen Angst hatte, wurde für Wochen mein Thema Nummer eins: wie wirkt die Pille und was macht sie mit meinem Körper? Denn wenn ich ganz ehrlich sein soll: ich hatte überhaupt keinen Plan. Es war alles irgendwie ok – warum also schlafende Hunde wecken? Dabei ist es so wichtig, darüber Bescheid zu wissen, wie die Pille genau auf den Körper wirkt – egal, ob man gut mit der Pille zurecht kommt oder nicht. Ich habe also viel gelesen, recherchiert und hab Infos zu diesem Thema wie ein Schwamm aufgesogen. Wie geht es anderen Frauen mit der Pille? Wie fühlen sich andere Frauen damit, die die Pille auch schon so lange nehmen? Und was für Alternativen gibt es dazu?

Über die Hälfte der Frauen zwischen 20 und 44 Jahren nimmt laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung die Pille.

Muss man mit schlimmen Nebenwirkungen zu kämpfen haben, um die Pille abzusetzen?

Also habe ich gelesen und gelesen und gelesen. Ich konnte mich teilweise in den Nebenwirkungen, die mit der Einnahme der Pille einhergehen können, wiederfinden; in Berichten von Frauen, die versucht haben ihre Gefühle in Worte zu fassen, zu formulieren wie es ihnen damit geht. Der Prozess, hin von den ersten komischen Gefühlen bis zum Punkt, an dem ich die letzte Pille genommen habe, hat sich tatsächlich sehr gezogen. Jahre, wenn ich ehrlich bin. Ich hab schon vor drei Jahren diese Gedanken an die negativen Seiten der Pille, wie es mir mit der Pille eigentlich wirklich geht, teilweise zugelassen, hab sie dann aber doch relativ schnell wieder verdrängt: ist doch gut so, wie es ist, es ist einfach, funktioniert und sooo schlecht geht es mir ja auch gar nicht.
Das stimmt tatsächlich: ich hatte keine wirklich krassen Nebenwirkungen, die mich letztlich dazu bewogen haben. Aber ich hatte irgendwie kein gutes Körpergefühl, von Tag zu Tag musste ich mich überwinden, täglich die Tablette zu nehmen. Und hinzu kam: es gab eigentlich überhaupt keinen Grund für mich, sie weiter zu nehmen. Wie ich nämlich in der Zwischenzeit recherchiert habe, gibt es auch viele weitere, hormonfreie Alternativen zur Verhütung, die durchaus (bei richtiger Anwendung versteht sich) sicher sind. Interessanterweise verkauft einem der Frauenarzt/die Frauenärztin die Pille nämlich gern als einzig wahre Verhütungsmethode – ohne über Alternativen aufzuklären. Ich hab in der Zeit drei Mal die Frauenärztin gewechselt – und es war jedes Mal das Gleiche. Es klingt sehr dramatisch: aber es war für mich wirklich keine Entscheidung, die ich mal eben leicht vom Fleck weg gefällt habe. Die große Frage „Und was passiert dann?“ ging für mich mit der Recherche Tag für Tag einher. Man liest von Frauen, die nach dem Absetzen schlimme Akne bekommen, Haarausfall, stark an Gewicht zunehmen oder sich einfach total schlecht fühlen. Wollte ich das riskieren, dafür, dass es mir doch ganz ok mit der Pille ging?

Ich war pillenmüde

Ein Artikel in der ‚Zeit‘ aus dem Jahr 2018 trug den Titel „Pillenmüde“. Selten hat ein Begriff so sehr das widergespiegelt, was in meinem Kopf noch diffus war – und jetzt einen passenden Namen gefunden hat. Ich war müde. Pillenmüde. Nach all den Jahren hatte ich es satt, ein Medikament zu nehmen, über das ich so wenig wusste – und dessen Auswirkungen sich vielleicht erst Jahre später bemerkbar machen. Ich hatte es satt, jeden Abend im Badezimmer zu stehen und irgendwie kein so richtig gutes Gefühl dabei zu haben, die nächste Tablette aus dem Blister zu drücken. Das war letztendlich vermutlich auch der ausschlaggebende Punkt: es ging mir nicht total schlecht – ich hatte die Pille einfach satt.

Ich bin keine Ärztin und möchte wirklich kein Halb-Wissen an euch weitergeben. Es ist so wichtig, dass ihr euch informiert, wenn ihr die Pille nehmt – vor allem (aber nicht nur), wenn ihr (genau wie ich damals) nicht gänzlich zufrieden mit der Pille seid und vielleicht nicht genau sagen könnt, woran das liegt. Sprecht mit eurem Frauenarzt/eurer Frauenärztin darüber. Ich muss leider sagen, dass meine Frauenärztin alles andere als begeistert war, als ich das Thema angeschnitten habe. Eine wirkliche Empfehlung, was ich tun soll, einen konkreten Ratschlag hatte sie nicht für mich. Deshalb hab ich einfach selber weiter recherchiert und kann euch den Blog Generation Pille und das Buch ByeBye Pille von der Autorin Isabel Morelli (die auch auf dem Blog Generation Pille schreibt) sehr empfehlen.

Ist die Pille was Schlechtes?

Nein, überhaupt nicht. Meiner Meinung nach hat die Pille ihre völlige Daseinsberechtigung – es gibt viele Frauen, die gut damit klar kommen, keine Probleme haben und sich ganz bewusst für die Pille als Verhütungsmethode entscheiden. Was mich nur daran stört: es wird einfach nicht richtig über die Pille aufgeklärt. Du hast unreine Haut? Hier, nimm die Pille und alles wird gut. Aber die ellenlange Liste an Nebenwirkungen bekommt man nicht so schnell erzählt. Ich hatte viele Jahre überhaupt keine Probleme und es war für mich total normal, die Pille jeden Tag zu nehmen. Ich glaube, alles hat seine Zeit und auch für mich war einige Jahre die Pille die richtige Lösung. Aber das hat sich einfach in den vergangenen Jahren verändert.

Und heute?

Was mir im Nachhinein aufgefallen ist: meine Kopfschmerzen sind weniger geworden. Ich hatte früher fast wöchentlich mit starken Kopfschmerzen zu kämpfen, die ich oft auf Stress oder die falsche Körperhaltung geschoben hab. Natürlich kann ich nicht genau sagen, woher die Kopfschmerzen kamen. Was ich jedoch weiß: Seit ich die Pille nicht mehr nehme, sind die Kopfschmerzen deutlich weniger geworden. Und nicht nur das – ich habe ein deutlich besseres Körper-Gefühl. Es ist total schwer, das in Worte zu fassen: aber ich fühle mich so gut wie seit Jahren nicht. Wenn ich es mit der Zeit, in der ich noch die Pille genommen habe, vergleichen würde, dann ist es jetzt so, als hätte mir jemand einen Schleier von den Augen genommen. Ich fühle mich deutlich fitter und einfach so ganz grundlegend besser. Ich bin irgendwie ausgelassener, und bin sehr froh, dass ich diesen Schritt gegangen bin und jetzt seit fast acht Monaten die Pille nicht mehr nehme. Natürlich ist es rückblickend leicht zu sagen: warum hab ich das nicht schon früher gemacht? Aber ich brauchte einfach die Zeit, und das ist vollkommen okay so.

Mit diesem Artikel möchte ich niemanden dazu bewegen, auf Teufel komm raus die Pille abzusetzen. Wenn es euch gut damit geht, wenn ihr euch gut fühlt und ihr keine Beschwerden habt – dann spricht (auch wenn ich keine Ärztin bin) meiner Meinung nach nichts dagegen, dass ihr weiter die Pille nehmt. Jede Frau macht andere Erfahrungen damit. Ich kann euch nur von meinen ganz persönlichen Erfahrungen berichten und aufzeigen, wie es mir mit der Pille ging. Deshalb an dieser Stelle noch einmal der Appell an euch: wenn ihr die Pille nehmt (oder nehmen wollt): informiert euch, sprecht mit eurer Frauenärztin/eurem Frauenarzt und wenn ihr das Gefühl habt, dort nicht gut genug über die Thematik aufgeklärt zu werden: wechselt den Arzt/die Ärztin.

Eure Julia

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Kommentar

  1. Danke für den Artikel! Ich fände es toll wenn du auch berichten würdest welche Verhütungsmethode du jetzt benutzt (oder dass du keine benutzt) und was du über Alternativen zur Pille gelernt hast. Ich habe die Pille vor einigen Jahren abgesetzt, hatte dann zwei IUDs (die mit Hormonen) die leider auch nicht gut klappten, und kam inzwischen wieder auf Kondome zurück. Leider sind die auch nicht super nachhaltig und werden von manchen Frauen auch nicht gut vertragen. Ich wünschte es gebe endlich eine Verhütungsmethode für Männer, aber Forschung zur „Pille für den Mann“ wurde schon im Anfangsstadium abgebrochen weil die Probanden so „krasse“ Nebenwirkungen wie Übelkeit und Kopfschmerzen hatten.

    1. Hallo Amanda,
      danke für dein liebes Feedback! Über das Thema Verhütung werde ich auch noch einen ausführlichen Blogpost schreiben :). Und ja – die Pille für den Mann wäre doch definitiv was! Aber das mit den „krassen“ Nebenwirkungen habe ich auch mal gelesen – einfach unfassbar. Da gibts auf jeden Fall noch jede Menge zu tun im Bereich Gleichberechtigung!

      Viele liebe Grüße,
      Julia

  2. Wow… du schreibst mir aus der Seele! Ich habe vor fast 2 Jahren mit der Pille aufgehört, aus ähnlich diffusen Gründen. Die Thrombose-Gefahr lag mir immer schon ungut im Hinterkopf und auch die Rückstände der Pille, die die Umwelt belasten… Ich wollte es einfach nicht mehr. Aber ich hatte wirklich Angst davor, wie es ohne wird.
    Mittlerweile fühle ich mich wohler denn je in meinem Körper. Ich hoffe, du hast es auch nicht bereut! Danke fürs Teilen!

    1. Hey,
      freut mich total, dass dir der Artikel so gut gefällt und es dir ohne Pille besser geht. Ich arbeite gerade an einem Artikel, dann gibts ein Update wie ich mich ohne Pille fühle :).
      Viele Grüße!

  3. Update - so geht es mir nach 11 Monaten ohne Pille - greenandwhales
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