Lebensmittel nehmen einen sehr großen Stellenwert im Bereich Nachhaltigkeit ein. Beschäftigt man sich einmal etwas näher damit, hört das Fragenkarussell gar nicht mehr auf, sich zu drehen: Woher kommen die Produkte die ich kaufe? Wie werden sie produziert? Wie sind sie verpackt? Werden Pestizide im Anbau verwendet oder nicht?
Die Liste der Fragen, die sich rund um unser Essen in Verbindung mit mehr Nachhaltigkeit im Alltag stellen lassen, ist nahezu endlos. Ein Fakt, den man dabei gerne mal vergisst: Egal, wie Produkte produziert werden: am Ende wird verdammt viel davon weggeschmissen. Und dabei ist es grundsätzlich erst einmal egal, ob die Möhren unter streng kontrolliert biologischen Auflagen angebaut werden oder aus einer konventionellen Produktion stammen; in Deutschland landen noch immer 18 Millionen Tonnen Lebensmittel jährlich im Müll. Zur Verdeutlichung: Das ist ca. eine LKW Ladung voller Lebensmittel – pro Minute. Nicht unerheblich ist hierbei der Anteil der Privathaushalte, der etwas mehr als die Hälfte ausmacht. Hierbei sind die Abfälle gemeint, die vermeidbar wären – Lebensmittel, die z.B. schlecht geworden sind, weil man zu viel eingekauft hat und man sie nicht rechtzeitig verwerten konnte. Das Thema Lebensmittelverschwendung ist für mich aus dem Bereich Nachhaltigkeit nicht mehr wegzudenken. Doch auch hier gibt es ganz unterschiedliche Betrachtungsweisen – denn des Thema ist vielfältig und auch die Produkte, die im Einzelhandel für die Tonne bestimmt sind, gehen uns als Privatperson etwas an.
Bio-Lebensmittel als Maßnahme für den Umweltschutz
Doch bevor wir uns dem Thema Lebensmittelverschwendung genauer widmen, gehen wir noch mal einen Schritt zurück und fragen uns: was kaufen wir überhaupt ein – und wo?
Viele Verbraucher*innen, denen Nachhaltigkeit wichtig ist, legen Wert auf Bio Produkte. Lebensmittel, die beispielsweise ohne den Einsatz von Pestiziden produziert werden. Denn biologischer Anbau bedeutet auch: Umwelt- und Artenschutz. Natürlich ist Bio nicht gleich Bio und auch hier gibt es viele Unterschiede. Doch das ist ein völlig anderes Thema und würde an dieser Stelle zu weit führen. Ich beschränke mich bei meinen Ausführungen auf Bio-Produkte aus dem Bioladen und nicht auf Bio-Produkte die man bei Discountern findet. Bei vielen Produkten ist es meiner Meinung nach besonders wichtig, auf einen biologischen Anbau zu achten: denn neben dem Verbot von den bereits erwähnten Pestiziden wird oftmals auch weniger Wasser für den Anbau benötigt. Gerade bei Obst, welches hier nicht heimisch ist wie Mangos, Bananen, Ananas oder Zitrusfrüchten lohnt es sich also, sich nach Bio-Produkten umzusehen. Aber abgesehen vom Wasserverbrauch durch die Bewässerung ist der Bio-Anbau auch deutlich besser für das Grundwasser: synthetische Düngemittel sind nicht erlaubt, die in der konventionellen Landwirtschaft zu erhöhten Nitratwerten führen. Es gibt keine künstlichen Aromen oder billigen Hilfsstoffe und Gentechnik ist ebenso verboten. Es gibt viele verschiedene Gründe, die für den Kauf von Biolebensmitteln sprechen. Hinzu kommt das Thema faire Bepreisung – also gerechte Preise für die Produkte, und zwar so, dass am Ende auch die Produzent*innen fair entlohnt werden. So viele Gründe sprechen für Bio-Produkte und es hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass das Thema immer präsenter in den Köpfen der Leute wird und mehr Aufmerksamkeit erhält.
Mit Foodsharing und Co. gegen Lebensmittelverschwendung vorgehen
Ich bin seit kurzem bei Foodsharing aktiv – das ist eine Plattform, bei der sich jede*r anmelden und gemeinsam mit anderen Menschen Lebensmittel retten kann, die bspw. von Restaurants oder Supermärkten aussortiert werden. Die Plattform wurde 2011 mit dem Ziel, Lebensmittelverschwendung zu bekämpfen, gegründet. Warum Lebensmittel aussortiert und (ansonsten) in der Tonne landen (würden), kann viel verschiedene Gründe haben: die Produkte stehen kurz vor dem MHD, die Verpackung ist eingeknickt oder kaputt, die Lebensmittel wurden nicht verkauft, sind Saisonware (wie die Special Editions an Weihnachten, Ostern und Halloween) oder entsprechen irgendwie nicht der Norm (krummes Obst und Gemüse). Sich bei Foodsharing zu engagieren ist kostenlos und eine im Prinzip eine ehrenamtliche Tätigkeit. Was man mit den geretteten Lebensmitteln macht, ist einem selbst überlassen: entweder man behält sie selbst, gibt sie an Freunde oder Verwandte oder fairteilt sie über die von Foodsharing betreuten Fairteiler (öffentliche Schränke für Lebensmittel). Es gibt natürlich noch viele weitere Möglichkeiten, Lebensmittel zu retten; beispielsweise Produkte aus den „Reduziert-Ecken“ im Supermarkt kaufen, bei sirplus einkaufen oder die Kisten mit krummem Obst und Gemüse bei Anbietern wie etepetete kaufen.
Ich finde es jedes Mal wieder erschreckend zu sehen, was für Massen an Lebensmitteln teilweise im Müll landen würden – obwohl sie noch genießbar sind. Das war für mich die Hauptmotivation, um mich dort anzumelden: ich will dabei helfen, dass weniger Essen im Müll landet.
Doch wenn ich jetzt Lebensmittel brauche – sollte ich nicht darauf achten, dass es Bio-Produkte sind?
Und genau an diesem Punkt wird es etwas schwieriger – denn trotz des Wissens, dass Bio-Produkte nicht zuletzt für die Umwelt besser sind, rette ich bei Foodsharing natürlich auch Produkte, die konventionell produziert wurden. Produkte, die in vielen Lagen Plastik eingepackt sind und über die ich nicht weiß, wie sie genau angebaut oder hergestellt wurden. Die Frage, ob ich ausschließlich Bio Produkte retten würde, kam schon häufiger auf. Hier ist meine Antwort ganz klar nein. Denn auch wenn da manchmal Sachen dabei sind, die ich mir sonst nicht kaufen würde, ist das für mich kein Grund, diese dann in die Tonne wandern zu lassen. Denn das ist der springende Punkt: ich kaufe sie nicht, ich unterstütze diese Form der Produktion damit nicht, sondern ich rette sie vor dem Müll. Was ich über Foodsharing retten kann, esse ich auch (wobei ich trotzdem keine Milchprodukte, Fleisch oder Fisch retten würde), dabei kommt es mir nicht auf die Herkunft der Produkte an. Denn: ist es nicht schon schlimm genug, dass beispielsweise für eine Mango (die ich sonst nur in Bio Qualität kaufe) unfassbar viel Wasser verbraucht und ein langer Transportweg zurückgelegt werden musste? Und dann soll sie am Ende im Müll landen, nur weil sie konventionell angebaut wurde? Nein, das ergibt für mich keinen Sinn. Wenn ich einkaufen gehe, versuche ich immer mehr, auf Bioprodukte zurückzugreifen. Hier bin ich ganz ehrlich: ich bin nicht perfekt und manchmal landen auch Produkte in meinem Einkaufswagen, die auch nicht bio oder auch nicht unverpackt sind. Das ist menschlich würde ich sagen und definitiv ein Punkt, an dem ich gerade arbeite. Ich persönlich versuche momentan, einen guten Mix zu schaffen – aus gekauften Bio Lebensmitteln, wenig gekauften konventionell und geretteten konventionell produzierten Lebensmitteln.
Wie fange ich mit dem Lebensmittel retten an?
Ehe man zum nächsten Supermarkt sprintet und neue Produkte kauft oder sich bei Foodsharing anmeldet, lohnt es sich erstmal, die eigenen Vorräte genauer unter die Lupe zu nehmen – denn in der eigenen Küche fängt die Lebensmittelverschwendung an. Ganz egal, woher man die Produkte hat: es ist wichtig, diese aufzubrauchen und so vor der Tonne zu bewahren. Oftmals haben wir auch mehr in unseren Schränken, als wir eigentlich bräuchten. Das Ganze hat viel mit unseren Denkmustern und Gewohnheiten zu tun – nur weil eine Tomate eine Druckstelle hat, muss sie noch nicht direkt weggeschmissen werden. Das Brot ist schon etwas trocken, die Möhre nicht mehr knackfrisch und warum ist die Margarine so verfärbt? Es ist vor allem oft die Optik von Produkten, die uns stutzig macht und woraufhin wir den Mülleimer öffnen. Dabei gibt es unzählige Möglichkeiten, auch solche Lebensmittel, die nicht mehr komplett frisch sind, die vielleicht Druckstellen oder Verfärbungen haben, noch zu verwerten.
Egal, woher wir unsere Lebensmittel bekommen: es ist wichtig, dass wir bewusster konsumieren, nur das einkaufen (oder retten) was wir wirklich brauchen und bereits im Privaten versuchen, die vermeidbaren Lebensmittelabfälle weiter zu reduzieren.
Es geht um Wertschätzung
Mit dem Gang in den Bioladen setzt man ein Zeichen – und schafft höhere Nachfrage für umweltfreundlichere Produkte. Mit geretteten Lebensmitteln vermeidet man nicht nur jede Menge Müll, sondern signalisiert auch: das ist so nicht okay (in Deutschland ist containern bspw. noch immer illegal. Da muss sich dringend was verändern!) und je mehr Leute sich in welcher Form auch immer dafür einsetzen, dass noch völlig genießbares Essen nicht in der Tonne landet, desto mehr Aufmerksamkeit bekommt dieses Thema auch. Es wird Zeit, dass wir die Lebensmittel wieder mehr wertschätzen und es nicht als selbstverständlich ansehen, dass uns täglich, teilweise rund um die Uhr (im Supermarkt) Lebensmittel zur Verfügung stehen – auch Obst- und Gemüsesorten, die eigentlich keine Saison haben. Wer nur 99 Cent für eine Mango zahlt, dem schmerzt es auch nicht so sehr, wenn diese im Müll landet, weil sie nicht rechtzeitig gegessen wurde. Also egal, was wir wo kaufen: wir sollten bewusster konsumieren, uns im Klaren darüber sein, dass jeder Einkauf den wir tätigen eine bestimmte Form der Produktion unterstützt – und dass wir selbst einen großen Teil dazu betragen können, dass weniger Essen im Müll landet.
Ich werde auch weiterhin daran arbeiten, immer mehr Bioprodukte zu kaufen und mich weiter bei Foodsharing einbringen. Das wird nicht immer perfekt klappen, aber ich habe für mich festgestellt: die Mischung machts!
Eure Julia