Es hat etwas von ‚Und täglich grüßt das Murmeltier‘, wenn man täglich durch die Straßen läuft und Tag für Tag aufs Neue Müll findet. Ich habe mir selbst die Challenge auferlegt, jedes Mal wenn ich das Haus verlasse, Müll aufzusammeln. Jeden Tag eine Handvoll Müll. Das ist weder zeitaufwändig noch muss man sich dafür in irgendeiner Form vorbereiten. Eine freie Hand genügt, um diese Challenge umzusetzen. Ich wohne mitten in der Stadt, da braucht man teilweise keine zwei Schritte zu gehen und schon stolpert man über leere Chipstüten, Zigarettenschachteln, Coffee-to-go Becher und Co.

Zudem organisiere ich hin und wieder Clean Ups – um gemeinsam mit vielen anderen, die die Vermüllung der Straßen auch stört, etwas aufzuräumen. Mehrere Stunden waren wir die letzten Male unterwegs, mit Müllsäcken und Müllzangen oder Handschuhen bewaffnet und haben neben Verpackungsmüll auch illegal abgelegten Sperrmüll, Haushaltsgegenstände, kaputtes Spielzeug und weitere Sachen gefunden, die beim besten Willen nichts in der Natur zu suchen haben. Über 50 kg kamen zusammen – um diese Menge zu beschreiben, fehlen mir tatsächlich etwas die Worte.
Und so ein Clean Up ist mehr als nur ein etwas längerer Spaziergang, wo man sich ab und zu mal bückt um etwas aufzusammeln; danach tut mir meist alles weh, ich bin kaputt und müde und bekomme nicht mehr zusammen, wie oft ich gemeckert, mich aufgeregt habe oder fast verzweifelt bin. Man könnte ewig durch die Straßen ziehen – allein die Masse an Zigarettenstummeln würde einen tagelang beschäftigen.
Und man könnte irgendwann fragen: Warum machst du das eigentlich? Das klingt wahnsinnig ermüdend und wenn wir mal ganz ehrlich sind: wie viel bringt das überhaupt? Was bringt es, wenn nur wenige Stunden später genau an der gleichen Stelle wieder jemand seinen Müll einfach wegwirft?

Ich glaube, dass man damit ein Zeichen setzt. Ein Zeichen dafür, dass die Natur keine Müllhalde ist. Dass man seinen Müll nicht einfach fallen lässt, wenn man unterwegs ist. Denn im Gegensatz zur Müllreduzierung in den eigenen vier Wänden ist das Müllsammeln in den Straßen etwas, was man nicht nur für sich selbst macht. Es bleibt (besonders wenn man in der Stadt unterwegs ist) nicht unbeobachtet. Man setzt ein Statement, wird von Fremden beobachtet – was auch manchmal nicht leicht sein kann. Die irritierten, fragenden Blicke, das Beobachten der Bewegungen, dieses „Was macht sie eigentlich da?“ was in den Gesichtern der Leute geschrieben steht.
Während der gemeinsamen Sammelaktionen werden wir häufig angesprochen – wurdet ihr etwa gerichtlich dazu verdonnert, hier in den Straßen aufzuräumen? Anscheinend ist es für viele schwer vorstellbar, dass man so etwas freiwillig machen kann. Es erscheint ja auch manchmal etwas absurd – freiwillig Fremden hinterherräumen, die sich keine Gedanken darum machen, ihren Müll einfach fallen lassen und sich nicht mit den Konsequenzen, die ihr Verhalten hat, auseinandersetzen.

Doch wenn man etwas erreichen möchte, wenn man Nachhaltigkeit verbreiten möchte, dann reicht es leider nicht, das zu Hause in seinen eigenen vier Wänden zu tun. Denn so lebt man zwar für sich selbst nachhaltig – was natürlich auch eine schöne Sache ist – aber man erreicht niemanden damit. Denn wenn wir wollen, dass die Leute aufwachen, dass sie merken, was ihr Handeln für Auswirkungen hat, wie es einfach um unsere Umwelt derzeit bestellt ist, dann muss man sein eigenes Handeln nach außen tragen. Denn so erreicht man die Leute, so kann man andere für dieselbe Idee begeistern. Und wenn ich fremden Müll einsammle, dann mache ich das nicht nur, damit die Natur wieder grün ist, sondern auch, weil ich damit zeige: ich finde es absolut nicht in Ordnung, was die Menschen hier machen. Es ist nicht in Ordnung, seinen Kram einfach fallen zu lassen und weiter zu gehen. Es macht zudem das Ausmaß unseres Problems deutlich – wenn man Wiesen sieht, wo alle paar Meter Einwegbecher, Flaschen und Kippenstummel liegen, dann kann das ganz schön erschrecken. Mehr Plastik als Natur, die ‚aus den Augen, aus dem Sinn‘ Mentalität gibt es direkt oben drauf.

Eine Art stiller Protest? Oder einfach nur aktives Vorgehen? Egal, wie man das Ganze nennen oder beschreiben will, es ist eine wichtige Aktion. Und so möchte ich auch an euch appellieren: wenn ich draußen unterwegs seid und an leeren Zigarettenschachteln, Trinkpäckchen und Plastiktüten vorbei kommt: hebt sie auf und geht nicht einfach dran vorbei. Jedes bisschen Müll, was nicht mehr in der Natur liegt ist extrem wichtig.
Und natürlich möchte ich damit in keinster Weise die Arbeit der Entsorgungsbetriebe schlecht machen – im Gegenteil. Ich habe großen Respekt vor dieser Arbeit. Aber viele Bereiche fallen nicht in die Zuständigkeitsgebiete der Betriebe und selbst wenn, wie soll man bei so viel Müll da hinterher kommen?
Auch wenn es so simpel klingt, sich einfach mal zu bücken und Müll aufzusammeln, machen es leider zu wenig Leuten. Ja, Müll aufzusammeln um der Natur etwas Gutes zu tun, ist nicht der Tipp des Jahrhunderts – aber wie oft sehe ich jemanden, der den Müll vor seinen Füßen aufhebt? Leider zu selten. Also, schließt euch der Challenge an, hebt jeden Tag ein bisschen Müll auf oder organisiert Clean Ups bei euch in der Stadt – um gemeinsam ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Müll schlicht und ergreifend in die Mülltonne gehört.

Ich möchte euch damit Mut machen – lasst euch nicht von irritierten Blicken oder komischen Fragen vom Müll sammeln abbringen. Das kann besonders anfangs etwas schwierig sein, aber je häufiger man das macht, desto weniger achtet man auf die Leute um einen herum. Also: wer eine Hand frei hat, kann einfach loslegen und einen kleinen aber wichtigen Teil zum Umweltschutz beitragen!
Sammelt ihr auch auf eurem Weg Müll? Oder habt ihr schon mal einer Clean Up Aktion teilgenommen?
Eure Julia
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Hallo Julia, toller Blog und toller Beitrag. Ich habe einen ganz ähnlichen Blog mit den gleichen Themen, auch wenn deiner professioneller ist 😉
Ich sammle auch manchmal Müll auf, weil ich auch für meine Kinder ein gutes Vorbild sein will. Und es funktioniert… Was mich bei meinen Spaziergängen aber so richtig beunruhigt, ist die enorme Menge an Mikroplastik auf und in den Böden. Die Schnipsel sind wirklich überall und sooo klein, die kann man gar nicht mehr aufheben. Ich habe dazu auch etwas geschrieben (Deutschland, die Recycling-Weltmeister! Wer glaubt denn dieses Ammenmärchen noch?). Wenn du magst, kannst du gerne mal reinschauen.
Hey Katharina,
ach danke, das freut mich! Ja, da bin ich ganz bei dir – gerade die kleinen Schnipselteile (ich muss hier in Mainz immer an die Zeit nach Karneval denken – üüüüberall liegt Konfetti, ganz furchtbar!) sind wirklich ein Problem, gegen die kommt man quasi gar nicht an … Freut mich aber, dass du deine Spaziergänge auch fürs Müll sammeln nutzt!
Liebe Grüße:)