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Zwei Jahre Müll reduzieren – meine Erfahrungen

In den letzten zwei Jahren habe ich versucht, den Müll den ich produziere immer weiter zu reduzieren, möglichst viel verpackungsfrei einzukaufen und Dinge selbst herzustellen. Das hat, wer hätte das gedacht, mal mehr, mal weniger gut geklappt. Es war und ist nicht mein Ziel, komplett plastikfrei zu leben und ein Einmachglas mit dem Müll eines Jahres in die Kamera halten zu können. Ich bringe ganz normal wie alle anderen auch meinen gelben Sack raus – nur eben etwas seltener.
Welche Erfolge und Rückschläge ich in den letzten zwei Jahren erlebt habe, welche Kompromisse ich eingehe und was der aktuelle Stand der Dinge ist, erfahrt ihr in diesem Beitrag.

Von anfänglichem Übermut und dem Prozess des Aufbrauchens
Besonders am Anfang war ich hochmotiviert und voll on fire – versteht mich nicht falsch, das bin ich immer noch. Aber ich bin mittlerweile sagen wir mal, entspannter. Besonders zu Beginn eines solchen Vorhabens ist das Verlangen danach, alles sofort umsetzen zu können, riesig groß. Alle Vorräte die ich noch hatte, habe ich in Gläser umgefüllt – und habe sie erst mal aufgebraucht – dadurch ist natürlich erst mal jede Menge Müll auf einmal entstanden. Die Produkte, die in Plastik verpackt waren, und entsprechend ihrer leeren Verpackungen, waren doch ziemlich viele und von jetzt auf gleich entstand natürlich sehr viel Müll. Aber so hatte ich einen guten Überblick, was ich überhaupt habe und was ich an trockenen Vorräten wie bspw. Nudeln, Reis, Nüssen, Mehl, Linsen, Gewürzen etc. neu kaufen muss. Mir fiel sehr schnell auf: Ich besitze jede Menge. Drei verschiedene Sorten Nudeln, Gewürze die man alle Jubeljahre mal benötigt, zwei verschiedene Sorten Linsen, eine Großpackung Reis und und und. Ergo: so viel neu kaufen musste ich gar nicht.
Als erstes stand der Kauf von größeren Gläsern an, da Müsli und Co. nur schwer in kleinen Gläsern von Aufstrichen zu verpacken sind. Damit waren die ersten Schritte in der Küche getan. Ein Überblick war geschaffen und bis auf frisches Obst und Gemüse stand erst mal nichts Neues auf der Einkaufsliste. Das ist auch ein Punkt, der für mich unfassbar hilfreich war. Man braucht keinen übermäßig vollen Vorratsschrank. Keine Angebotseinkäufe, zwei zum Preis von einem, in der Regel ist von den meisten Dingen mehr als genug da. Aufbrauchen statt neu kaufen.
Im Badezimmer sah es ähnlich aus: Die Kisten in meinem Regal waren zwar nicht übermäßig voll, aber auch hier habe ich so einige Shampoo Flaschen, Deos, Bodylotions und Zahnpastatuben gefunden, die ich irgendwann mal auf Vorrat gekauft habe und die ganz schnell auch in Vergessenheit geraten sind. Vieles davon habe ich also aufgebraucht, einiges habe ich gespendet, da zu dem Zeitpunkt in Flüchtlingsunterkünften hier in Mainz großer Bedarf an Hygieneprodukten für Frauen war. Dort habe ich viele Sachen, die noch nicht angebrochen waren, hingebracht. Und so hat sich auch im Badezimmer alles Schritt für Schritt reduziert. Hier kann ich nur jedem empfehlen: Geduld haben. Das ist am Anfang nicht leicht, man möchte doch so gerne loslegen, sich Gläser und Jutebeutel schnappen und auf zum unverpackt Laden ziehen. Aber das nachhaltigste ist einfach das Aufbrauchen von Dingen. Da wird einem zusätzlich direkt bewusst, wie lange Produkte eigentlich halten und wie unnötig es ist, so viel auf Vorrat zu kaufen.
Wie lange dieser Aufbrauch-Prozess gedauert hat, kann ich nicht genau sagen. Das ist von Produkt zu Produkt unterschiedlich, so habe ich bspw. recht lange gebraucht, um den Vanillezucker in diesen kleinen Tütchen aufzubrauchen, schlicht und ergreifend, weil ich selten backe.
Auch Putzmittel habe ich immer noch aus der Drogerie, weil sie immer noch nicht alle leer sind.
Für mich ging damit irgendwie auch einher, sich generell zu minimalisieren. Sprich: Auch im Wohnzimmer und im Schlafzimmer und auch den Schreibtisch nach Dingen zu durchsuchen, die länger nicht genutzt wurden, die aufgebraucht werden können, die verschenkt oder verkauft werden können.

Der aktuelle Stand der Dinge
Um zu veranschaulichen, wie sich mein Kaufverhalten verändert hat: Hier wird alle zwei Wochen der Plastikmüll abgeholt. Bevor ich mich mit dem Thema auseinander gesetzt habe, habe ich pro Woche einen gelben Sack à 25 Liter Plastikmüll produziert. Dann habe ich etappenweise immer weniger Müll produziert, im Durchschnitt habe ich mittlerweile alle vier bis fünf Monate eine Tüte Plastikmüll à 25 Liter voll. Das ist für mich wirklich enorm wenig und ich bin immer wieder froh, wenn ich noch weitere müllfreie Alternativen für mich entdecke.
Doch im Laufe der Zeit bin ich, wie anfangs formuliert, etwas entspannter geworden. Anfangs war ich sehr verkrampft und habe mich über jede noch so kleine Verpackung sehr geärgert. Ich habe mir auch zwischendurch so gar nichts mehr gegönnt, auch wenn ich die Sachen im unverpackt Laden nicht bekommen habe. Dann habe ich eben verzichtet. Mittlerweile achte ich natürlich immer noch wie vor zwei Jahren auf das was ich kaufe, wenn ich aber mal Lust auf eine Tüte Chips habe oder mir Gummibärchen kaufen möchte, dann verzichte ich nicht krampfhaft darauf. Aber, und das ist der Unterschied zu früher: Das ist die Ausnahme und nicht mehr die Regel. Also nicht mehr jedes Wochenende zwei Tüten Chips mit Dip zum Filmabend, sondern ab und zu. Und dann zwischendurch statt Chips einfach mal Gemüsesticks. Schmecken auch super zu Dip.
Auch wenn ich es zeitlich mal einfach nicht in den unverpackt Laden schaffe oder etwas brauche, was dieser nicht im Sortiment hat, kaufe ich diese Produkte im Supermarkt. Das ist immer etwas ärgerlich aber nun mal auch völlig normal. Ich möchte nicht auf Teufel komm raus verzichten nur um eine leere Mülltüte vorweisen zu können.

Glas und Papier als Alternativen
Und was ist mit anderem Müll? Als zb Glas oder Papier? Glasmüll habe ich tatsächlich sehr wenig, da ich eigentlich alle Gläser die ich kaufe nachdem sie leer und ausgespült sind, wieder benutze. Für den nächsten unverpackt Einkauf oder um Aufstriche selber zu machen. Natürlich gibt es auch hin und wieder Gläser die ich wegschmeiße, weil sie zB nicht mehr gut riechen oder ich sie nicht sauber bekomme. Das passiert aber eher selten. Papiermüll fällt häufiger als Glas an, weil ich leider trotz „Bitte keine Werbung“ Schild und Abbestellen von Zeitschriften und Co. noch recht viel Werbung oder Flyer zugeschickt bekomme, was mich selber sehr stört. Auch wenn ich mal Mehl o.ä. nicht unverpackt sondern im Supermarkt kaufe, fällt da natürlich Müll an. Aber auch hier hat sich mein Müll deutlich reduziert.

unverpackt Einkaufen
Das Einkaufen ist definitiv anders als im normalen Supermarkt. Das ist natürlich per se nichts schlechtes, im Gegenteil; selten habe ich so entspannt und gelassen eingekauft wie im unverpackt Laden. Ein paar ‚Nachteile‘ gibt es allerdings auch. Für mich sind dies keine wirklichen Nachteile, ich habe mich dran gewöhnt. Aber die Umstellung kann anfangs nicht so leicht sein – mal eben spontan um 22.30 Uhr noch mal los und Müsli fürs Frühstück am nächsten Tag holen ist so definitiv nicht mehr möglich. Im unverpackt Laden einkaufen zu gehen erfordert etwas mehr Planung als das Einkaufen im ‚normalen‘ Supermarkt. Man muss vorher genau schauen was man braucht und entsprechende Gefäße und Beutel mitnehmen. Mittlerweile nehme ich auch ein oder zwei zusätzliche Gläser mit, falls mir spontan doch noch was im Laden einfällt. Dieser Spontanitätsfaktor fällt sonst nämlich definitiv weg. Aber dafür hat man auf der anderen Seite ein ganz bewusstes, gezieltes Einkaufen und kauft in der Regel auch wirklich nur das ein, was man wirklich benötigt. Okay, das ein oder andere Mal hab ich zusätzlich noch mal zur Schokolade gegriffen. Oder zur Limonade. Aber nicht, weil mich eine ‚zwei für eins‘ Werbung und grelle Plakate dazu animiert haben, sondern weil  ich einfach Lust auf Schokolade hatte.
Es entsteht meiner Meinung nach auch ein ganz anderes Gefühl für Lebensmittel. Durch das Einkaufen von loser Ware, das Wissen, dass man für jeden Gramm in diesem Glas bezahlt, hat mich auch in dem Bereich Lebensmittelverschwendung einen großen Schritt voran gebracht. Gerade wenn ich mal was gekauft habe, was mir doch nicht so gut geschmeckt hat, hab ich sowas früher schneller mal weggeworfen. Jetzt überlege ich mir andere Wege, solche Produkte zu verarbeiten, abzuändern und sie so aufzubrauchen.

Eine stetige Entwicklung: nichts geht von jetzt auf gleich
Eine große Rolle spielt natürlich auch das Angebot im unverpackt Laden. Dieser hat hier in Mainz 2015 aufgemacht und hatte direkt nach Beginn natürlich noch nicht alles im Sortiment, was man so braucht. Doch das Sortiment des Ladens hat sich natürlich erweitert und entwickelt und mittlerweile gibt es auch Produkte wie Vanillezucker, Backpulver, Schokolade, Kekse und viele andere Produkte, die es sonst nur verpackt zu kaufen gibt.
Was ich im Laufe der Zeit auch festgestellt habe: Rückschläge können verdammt fies sein, können richtig deprimierend sein. Sollten aber kein Hindernis sein, es weiter zu probieren. Das erste Mal, als ich Mandelmilch selbst gemacht habe war das Ergebnis vorsichtig formuliert … nicht so lecker. Deshalb habe ich es erst mal aufgegeben und wieder Milch gekauft. Doch mich hat es irgendwie geärgert und so habe ich erneut Versuche gestartet, den Milchersatz selber zu machen. Mittlerweile benutze ich keine Mandeln sondern Haferflocken und ich würde sagen, zu 100% bin ich immer noch nicht zufrieden, aber nah dran. All dies ist einfach ein Prozess, etwas was man nicht erzwingen kann und sollte.
Auch wenn ich unterwegs Müll vermeiden möchte, den Strohhalm im Café abbestelle und trotzdem einen bekomme, kann das enorm deprimierend sein. Vor allem weil die Überwindung, das Thema überhaupt anzusprechen anfangs wirklich groß für mich war. Wer will schon blöd angeguckt und als Öko-Freak abgestempelt werden? Aber auch das habe ich in den letzten zwei Jahren gelernt: es trotzdem zu tun. Über den eigenen Schatten springen und sich trauen, so blöd das auch klingen mag. Denn oft genug klappt es und ich weiß, dass ich mit so einer Handlung einen kleinen aber feinen Teil zum Schutz der Umwelt beigetragen und vielleicht auch die Leute am Nachbartisch inspiriert habe. Auch das Mitbringen eigener Beutel für den Obst und Gemüseeinkauf hat mich anfangs doch mehr Überwindung gekostet als ich dachte, da einfach nicht jeder freudig und nett reagiert sondern auch mal blöde Fragen kommen oder auch komische Blicke. Ich sags mal so: im Laufe der Zeit habe ich ein dickeres Fell bekommen.

Ganz generell lässt sich sagen, dass ich in diesen zwei Jahren jede Menge gelernt habe. Ich habe eine Einkaufsroutine für mich gefunden, ich genieße Essen bewusster und weiß die Qualität von guten bio Lebensmitteln noch mehr zu schätzen. Ich habe auch unfassbar liebe und nette Leute kennengelernt, ich bin im hiesigen unverpackt Laden schon länger Stammkundin und es macht einfach immer wieder Spaß, dort einzukaufen und sich nett zu unterhalten, sich auszutauschen. Durch diese Umstellung hin zu weniger Müll habe ich auch ein großes Stück Achtsamkeit in mein Leben integriert – alte Sachen erst komplett aufbrauchen ehe man etwas Neues anfängt. Auch hätte ich niemals gedacht, dass es so einfach sein kann, Dinge selbst herzustellen, statt sie zu kaufen. Ich habe auch oft nicht die Zeit und auch keine Lust stundenlang in der Küche zu stehen – muss ich auch gar nicht. Ob Brot backen, Hafermilch selber machen, Deocreme anrühren, Aufstriche zaubern – all dies ist weder schwer noch sonderlich zeitintensiv. Und manchmal braucht man etwas länger, bis man die Dinge so hinbekommt, wie man es sich vorstellt. Aber das ist vollkommen okay – denn den eigenen Fortschritt zu sehen, und am Ende ein tolles Ergebnis in den Händen zu halten ist ein super Gefühl.
Ich kann nur jedem empfehlen, sich auf diese Reise zu begeben und einfach mal zu starten – im Laufe der nächsten Wochen findet ihr hier auf dem Blog weitere Tipps und Inspiration, um müllfreier durch den Alltag zu kommen. Falls ihr bis dahin schon Lust habt zu lesen, schaut doch einfach hier und hier vorbei, da findet ihr bereits einige Tipps von mir zu diesem Thema.

Eure Julia

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